Eine Frau lässt sich die Haare schneiden (Foto: pixabay.com/jackmc34)
"Wir können uns im Job nicht schützen"

Viele Arbeitnehmer sind im Home Office statt im Büro, viele Geschäfte sind für’s Erste ganz dicht gemacht worden – alles, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Manche Berufsgruppen müssen aber weiter arbeiten. Wir haben Anke gesprochen, sie ist Verkäuferin im Supermarkt. Und Sarah ist Friseurin, auch sie arbeitet weiter. Was halten die beiden davon?

Update: Seit dem 22. März sind auch Friseure geschlossen.

Anke, die im Supermarkt arbeitet, sagt:

„Bei uns ist es aktuell sehr, sehr stressig. Manche Kunden sind sehr verständnisvoll, andere verhalten sich fast wie die Tiere. Wir öffnen um sieben Uhr, dann kommen zum Beispiel Kunden um fünf nach sieben und sagen uns, wir sollen doch früher anfangen zu schaffen. Da ruhig zu bleiben, ist manchmal nicht so einfach."
"Dann ist es so, dass innerhalb von zehn Minuten eine ganze Palette Toilettenpapier leer ist. Der nächste kommt dann und sagt, wir hätten doch erst seit 20 Minuten auf, wieso denn keins mehr da sei. Manche sollten sich einfach mal fragen, was das soll."
"Ganz wichtig für die Kunden ist aktuell neben Toilettenpapier: Mehl. Mehl war gestern Morgen bei uns im Angebot, nach 20 Minuten war auch da die Palette leer."
Leere Regale in einem Supermarkt (Foto: Elena Oberhauser)

"Regeln wie ‚Zwei Meter Abstand zueinander halten‘ sind schwierig einzuhalten. Wenn wir Regale einräumen, stellen sich die Kunden direkt neben uns – Schulter an Schulter – und Niesen und Husten zum Teil. Manche auch nicht in die Armbeuge. Und wenn wir höflich fragen, ob sie etwas Abstand halten könnten, weil wir Angst haben, sagen sie wir sollen uns nicht so anstellen. Das finde ich nicht so prickelnd."
"Der Hammer war auch, als jemand XXL-Packungen Toilettenpapier gekauft hat – sechs Stück davon. Da lacht man nur noch. Auf Vorrat kaufen ist ja verständlich – aber nicht in der Größenordnung."
"Man muss das mit Humor nehmen, das geht gar nicht anders. Die Stimmung im Team ist deswegen trotz Stress gut.“

Anke wünscht sich mehr Wertschätzung. Denn sie und ihre Kolleginnen und Kollegen müssen weiterarbeiten. Damit wir anderen alle weiterhin Essen kaufen können.

Das sagt Sarah, die als Friseurin arbeitet:

„Es ist eine schwierige Situation für uns Friseursalons. Natürlich, Kunden haben Angst, aber auch für uns ist es total schwierig. Man soll auf der einen Seite die Maßnahmen einhalten, zuhause bleiben, soziale Kontakte meiden… aber in Salons arbeiten mindestens immer zwei bis drei Friseurinnen. Wenn dann noch zwei bis drei Kunden oder Kundinnen haben, ist das bei uns im Beruf schon nicht mehr gewährleistet."
Haare schneiden (Foto: pixabay/jo_johnston)
Friseursalons sind aktuell noch geöffnet

"Wir halten es zwar momentan so, dass die Kunden ihre Hände waschen und desinfizieren wenn sie in den Salon kommen. Man kennt die Kunden ja oft auch schon gut und lange, aber wir umarmen uns aktuell auch nicht. Sonst gibt es aber keine Schutzmaßnahmen. Mundschütze gibt es nicht mehr, Desinfektionsmittel ist auch sehr rar. Wir arbeiten so nah am Kunden: Augenbrauen färben, Wimpern färben. Für uns ist es einfach nicht möglich, uns zu schützen."
"Ich könnte aber finanziell auch nicht lange überleben, wenn wir jetzt schließen würden. Wir Friseure sind ja in der Gehaltsklasse nicht so weit oben angesiedelt. Es gibt keine Soforthilfe für die Salons, das ist das Problem. Dadurch, dass die Bundesregierung sagt, dass wir weiter öffnen dürfen, haben unsere Chefs keine Möglichkeiten für finanziellen Spielraum.“

Sarah findet es nicht nachvollziehbar, dass sie noch weiterhin arbeiten gehen muss. Sie fühlt sich in ihrer Situation unsicher, glaubt, dass das auch den Kunden so geht. Sie fühlt sich allein gelassen von der Regierung.  


Über dieses Thema wurde auch in der UNSERDING-Show mit Stephanie am 17. März 2020 berichtet.