Filmproduzent Harvey Weinstein (Foto: dpa / Guillaume Horcajuelo)
"Der wichtigste Prozess für Hollywood"

Im Oktober 2017 wurde der US-amerikanische Filmproduzent Harvey Weinstein beschuldigt, verschiedene Frauen über Jahre hinweg sexuell belästigt, genötigt und auch vergewaltigt zu haben. Über 80 Frauen sollen betroffen sein. Auch der Hashtag #metoo enstand daraus, unter dem Menschen von sexuellen Übergriffen berichten, die sie erfahren mussten. Nun beginnt in New York City der Prozess gegen Weinstein. Es wird erwartet, dass der sich über etwa zwei Monate hinziehen wird.

UNSERDING-Reporter Peter Mücke ist in New York City und hat mit uns über #metoo und den Weinstein-Prozess gesprochen.

Peter, über was genau wird denn nun in dem Prozess verhandelt?

"In dem Prozess in Manhattan geht es tatsächlich nur um zwei Fälle. Die Vorwürfe: Weinstein soll 2006 eine Frau vergewaltigt und 2013 eine andere zum Oralverkehr gezwungen haben.  Sollte er in beiden Fällen schuldig gesprochen werden, würde er im Gefängnis landen wird, möglicherweise lebenslänglich."

Wie wird das ablaufen?

"Am Montag, dem ersten Verhandlungstag, wird das Gericht eine Übersicht über den Zeitplan und den weiteren Verlauf des Prozesses geben. Am Dienstag soll dann damit begonnen werden, eine Jury zusammenzustellen. Das US-amerikanische Rechtssystem verlangt, dass da zwölf Geschworenen sitzen, die unvoreingenommen in den Prozess gehen. Die sind oft schwierig zu finden, in diesem Fall besonders. Rechtsexperten befürchten, dass da am Ende Leute sitzen, die nicht die beiden Fälle beurteilen, sondern ein Exempel statuieren wollen. Die Suche könnte also 14 Tage oder länger dauern."

Was sagt Harvey Weinstein selbst dazu?  

"Weinstein hat immer seine Unschuld beteuert. Er sagt, alle sexuellen Kontakte seien einvernehmlich gewesen. In einem Interview mit der New York Post hat er kurz vor Weihnachten soagr gesagt, dass er sich auch sonst ungerecht behandelt fühlt. Er habe mehr Filme produziert, die von Frauen gedreht wurden oder von Frauen handeln, als jeder andere Hollywood-Produzent und er habe jahrelang Frauen in der Branche gefördert. Das sei wegen der Vorwürfe in Vergessenheit geraten. Man wird im Prozess wohl einen kämpferischen Harvey Weinstein erleben, eine seiner Anwältin sagte, er freue sich auf den Prozess."

Weinstein produzierte zum Beispiel "Scary Movie", "Inglorious Bastards" oder "Silver Linings".

Ein wichtiger Prozess

Mit UNSERDING-Reporterin Katharina Wilhelm in Los Angeles haben wir außerdem über die größere Bedeutung des Prozesses gesprochen.

 „Man kann die Bedeutung gar nicht hoch genug hängen. Ich glaube, das ist der wichtigste Prozess für Hollywood, für die mutmaßlichen Opfer und generell für Opferverbände. Mit Weinstein hat mehr oder weniger alles angefangen, seit die Vorwürfe gegen ihn laut geworden sind, haben sich viele Frauen getraut, über ihre Erfahrungen zu sprechen… und deswegen sind alle Augen auf ihn gerichtet.“

Katharina sagt, dass das Urteil, falls es denn am Ende eins gibt, bestimmt nicht alle Menschen zufrieden stellen wird. Die Erwartungshaltung sei von vornerein sehr hoch.

Trotzdem findet sie schon jetzt, dass der Prozess und #metoo viel bewirkt haben. Vor allem, dass über das Thema gesprochen wird, dass Frauen und Männer sich trauen, öffentlich ihre Geschichten zu erzählen, sei ein großer Schritt. Aber auch auf anderen Wegen wird das Thema behandelt:

„Man sieht es auch im Kino. Gerade ist der Film „Bombshell“ angelaufen, darin geht’s um Vorwürfe in der Redaktion von FOX News in den USA. Und auch so gerät das Thema immer wieder in den Fokus.“

Auch wenn #metoo in diesem Jahr drei Jahre alt wird, gibt es immer noch Aktionen. Zum Beispiel die „Time’s Up“-Bewegung, unter anderem von Schauspielerin Reese Witherspoon ("Natürlich Blond") und Fernsehlegende Oprah Winfrey gegründet. Dort wird Geld gesammelt um Menschen einen Anwalt an die Seite zu stellen, falls sie Probleme am Arbeitsplatz haben mit sexueller Belästigung oder Missbrauch. Sie werden dann dort unterstützt. Außerdem gibt es auch Hilfestellung dazu, wie man als Schauspielerin mit Nacktszenen umgehen kann. Ob man die erfüllen muss und ob man Sexszenen auch so gestalten kann, dass die Frauen sich auch wohlfühlen.

„Und über sowas wurde ganz lange gar nicht gesprochen, also ist das schon hilfreich. Man hat es natürlich noch nicht geschafft, das ganze System in Hollywood umzukrempeln und Gleichberechtigung zu schaffen. Das wird wohl noch Jahre dauern“.

Falls ihr Probleme mit sexueller Belästigung haben solltet und mit jemandem reden und Rat suchen wollt, steht euch zum Beispiel der Frauennotruf Saarland zur Seite.


Über dieses Thema wurde auch in verschiedenen UNSERDING-Shows am 6. Januar 2020 berichtet.